10/01/2019

"Mama! Mach das, jetzt sofort!" oder Der Terror nach dem Kindergarten

Die Haustür ist noch nicht mal aufgeschlossen und der kleine Mensch neben dir fängt schon an wütend mit dem Fuß zu stampfen? Die Kindergartentasche fliegt noch vom Hausflur aus in die Wohnung, Jacke und Schuhe hinterher?

Diese oder ähnliche Szenen nach dem Kindergarten kommen dir sicher irgendwie bekannt vor. Aber warum sind unsere kleinen Mitbewohner eigentlich nach dem Kindergarten so motzige, trotzige kleine Monster und was können wir als Eltern dagegen tun?

Gehen wir dem ganzen mal etwas auf den Grund.



Buntstifte und Malbuch

Warum werden unsere Kinder nach dem Kindergarten zu kleinen, wütenden Kobolden?

Ich hab mir ja schon öfter die Frage gestellt, was im Kindergarten wohl passiert ist das meinen Minimenschen dazu bewegt das er sich, sobald er aus dem Auto steigt, in einen kleinen, wütenden Kobold verwandelt. Bisher hab ich tatsächlich immer geglaubt, dass irgendwas schlimmes vorgefallen sein muss das den Kleinen so gefrustet hat das er auch zuhause noch nicht von seiner Wutwelle runter kommt.

Von den Erzieherinnen habe ich bisher eigentlich immer nur positives gehört. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung in die KiTa, hat sich unser Minimensch ziemlich gut integrieren können und kommt insgesamt gut im Gurppenalltag klar. Was also ist da eigentlich los?

Ich hab dann mal ein bisschen Recherche betrieben. Geht es nur uns so oder kennen auch andere Eltern vielleicht diesen Terror nach dem Kindergarten? Und ich habe - zu meiner Erleichterung - festgestellt, dass es auch anderen so geht. Es scheint also ganz normal zu sein das unsere Zwerge am Nachmittag manchmal zu richtigen Stinkstiefeln mutieren. Und mittlerweile weiß ich - glaube ich - auch wieso das so ist.

                     Reizüberflutung und zu viel Input 


Der Aha-Moment kam für mich, als ich mich intensiver damit beschäftigt habe wie Kinder die Welt eigentlich wahrnehmen. Stellen wir uns mal folgende Situation für uns selbst vor: 

Wir kommen morgens auf der Arbeit an, die meisten unserer 26 Arbeitskollegen sind schon da - andere trudeln so langsam ein. In jeder Ecke des Büros wuselt ein Grüppchen von Kollegen rum, alle an verschiedenen Projekten. Es wird geredet und zum Teil natürlich auch lautstark diskutiert, wenn sich mal wieder jemand nicht ganz einig ist. Neben bei rennen ständig unsere beiden Chefs durchs Büro, schauen uns "unbemerkt" über die Schulter, geben hier einen Tipp, dort einen Verbesserungsvorschlag. So geht das nun den ganzen Tag, bis Nachmittags. Zwischendurch gesellt sich der ein oder andere Kollege zu unserem Projekt. Wo ist denn jetzt der Tacker hin? Wer hat den letzten Absatz vom Bericht gelöscht? Wieso ist das Telefon denn jetzt so klebrig? 

Am Ende dieses ziemlich langen Tages der von einem permanenten Lärmpegel begleitet war, an dem wir durchgehend in Interaktion mit 26 Kollegen und 2 Chefs standen und uns zusätzlich natürlich immer wieder auf unser Projekt zu konzentrieren versuchten sind wir vor allen Dingen eines: GESTRESST!

Natürlich ist die beschriebene Situation für uns eher unwahrscheinlich, in den wenigsten Büros läuft es ja so übertrieben ab - im Kindergarten, ist das allerdings der Alltag für unsere Kinder. In der Gruppe unseres Minimenschen sind insgesamt 27 Kinder und zwei Erzieherinnen. Ich denke den Lärmpegel und die allgemeinen Zustände im Kindergarten kennt jede Mutter. An jeder Ecke tummeln sich Kinder die spielen, malen, bauen, basteln etc. dazwischen rennen die Erzieherinnen hin und her die immer mal Hilfestellung geben oder zu Aktivitäten anregen. In unserer Gruppe kommt hinzu, dass momentan von den 27 Kindern nur 7 Kinder deutschsprachig sind. Nicht das dieser Umstand schlimm wäre, aber ich stelle es mir sehr schwierig vor - vor allem für Kinder zwischen 3-6 Jahren - den ganzen Tag möglichst sozial kompetent (denn dazu werden sie ja im Rahmen der Erziehung angehalten) mit anderen Mitmenschen zu agieren die nicht verstehen was man sagt und die man selbst auch nicht verstehen kann.

Ehrlich gesagt stelle ich mir das selbst als Erwachsene mit brauchbaren Englischkenntnissen schon echt anstrengend vor. Man muss sich ständig mit Händen und Füßen irgendwie verständigen, man will ja auch verstehen und verstanden werden. Abkapseln oder ausgrenzen sind hier keine Optionen. 

Die Erklärung dafür warum unsere Zwerge nach dem Kindergarten also erstmal eine ziemlich kurze Zündschnur haben ist ganz klar: Reizüberflutung und zuviel Input. Dagegen tun können wir erstmal nichts, denn diese Eindrücke und Reize gehören erstmal zum Leben dazu und wollen wir unser Kind nicht ganzheitlich zuhause betreuen gibt es da nur wenig Möglichkeiten. (Ja ich weiß; Tagesmutter, KiTa mit kleineren Gruppen, etc.) Für die meisten von uns ist die Wahl der KiTa ziemlich eingeschränkt denn Plätze sind rar.

Der Grund dafür warum die Kleinen erst zuhause so richtig los legen ist eigentlich auch offensichtlich, hier werden sie bedingungslos geliebt und akzeptiert und können allen Facetten ihrer Person freien Lauf lassen.

Wenn wir die Situation für unsere Kinder im Alltag aber nicht ändern können, was können wir dann tun damit nicht erst dem Kind die Hutschnur platzt und im Anschluss irgendwann dann uns der eigene Kragen?



Genervtes Kind, genervte Mama! - Das muss aber nicht sein.

Wenn der Minimensch dann also schon vom Hausflur aus den Rucksack in die Bude pfeffert, Schuhe, Jacke, Mütze direkt hinterher geflogen kommen und grad sowieso alles einfach nur blöd und doof ist dauert es nicht lange, bis auch wir Eltern den umgangssprachlichen Papp auf haben und uns selbst der Kragen platzt.

Da wir Eltern uns ja brav und fleißig immer wieder mit Erziehung, Pädagogik und den neusten Erkenntnissen beschäftigen; wissen wir bereits alle zu genüge das es nirgendwo hin führt wenn wir laut werden, rum schreien und unser Kind auf die allseits bekannte "stille Treppe" verbannen. Klar.

Trotzdem sind auch Eltern nur Menschen und jeder der behauptet ihm würde nicht auch mal der Hut hoch gehen wenn das Kind zum fünften Mal das Spielzeug quer durch die Küche pfeffert - während er selbst am Herd steht - weil das Spielen nicht so klappt wie gewünscht den denunziere ich hiermit offiziell als Lügner. Meine Meinung, ob's jemandem gefällt oder nicht.

Und so drehen wir uns nun, mit viel Pech den ganzen Nachmittag, in der Stress-Spirale weiter nach unten. Der Minimensch moppert, pöbelt, schreit und irgendwann meckern wir zurück. Der Minimensch zetert noch mehr, weint und stampft mit dem Fuß etc.pp. Und so geht es weiter bis zum Schlafen. Aber das kann es ja auch nicht sein. Das Kind geht verstimmt und vermutlich traurig ins Bett und Mama fällt entnervt und gereizt auf die Couch. Hurra.

Bei uns ist es fast jeden Nachmittag das gleiche. Der Papa holt den Kleinen ab während Mama mit dem Mittagessen kochen anfängt und es gibt nur zwei Optionen. Entweder kommt der Minimensch fröhlich und gut gelaunt herein und freut sich des Lebens oder, man hört schon an den stampfenden Schuhen auf der Treppe das sich ein dickes Gewitter in Form unseres Sohnes nähert. In letzterem Fall - der leider deutlich häufiger ist als der Erste - bedeutet das es folgt ein Sturm von Gemecker, Frust und Trotz. Meistens sind diese dann noch begleitet von Erwartungen. An diesen Tagen muss nämlich immer alles sofort sein. Mama muss sofort ein Bild malen, sofort beim suchen des Spielzeugs helfen, sofort anschauen, zuhören, beantworten. Das Mama gerade mit drei heißen Töpfen auf dem Herd jongliert ist dabei unerheblich.


Untermalt wird das Szenario meist davon das man heftig auf den Boden stampft oder wenn es eben nicht jetzt sofort passiert ein kleiner, missmutiger Mensch wutschnaubend ins Kinderzimmer stürmt und die Tür hinter sich zuknallt. 

In diesen Situationen haben wir zwei Möglichkeiten zu reagieren.

Feuer mit Feuer bekämpfen oder, den Feuerlöscher auspacken. 
Die Devise die, meiner Meinung nach, am besten funktioniert ist in diesem Fall leider auch die schwierigste. Aushalten. So sehr es einen gerade auch nervt - oh ja das tut es - es bringt nichts unser Kind jetzt noch mit meckern und schimpfen zu strafen. Wir müssen uns in diesen Situationen vor Augen halten das der kleine Mensch der da vor uns steht sich gerade so verhält, weil er einfach überfordert ist. So viele Eindrücke über den Tag, so viel erlebt - positiv wie negativ - und so viel geleistet und geleistet heut'. Vor allem wollen unsere Kinder in diesen Momenten nicht mit uns streiten, eigentlich wünschen sie sich nur unsere Hilfe mit der Überdosis an Gefühlen und Reizen des Tages klar zu kommen.



 Das Feuer löschen. Wie wir dem Minimenschen nach einem harten Tag helfen zur Ruhe zu kommen.

Bis vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich selbst auch nur den einen Weg gewusst, dass Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Kam der Minimensch schon schnaubend und tobend hier an, habe ich meist ziemlich schnell genervt und mit Genörgel reagiert.

Mittlerweile versuche ich es anders zu machen. Ich begegne dem Kleinen nach Möglichkeit auf Augenhöhe, versuche ruhig und sachlich mit ihm zu sprechen. Natürlich frage ich erstmal auch nach, was ist los, ist im Kindergarten etwas vorgefallen? Klar. Meist reagiert er aber auch darauf nur mit Unmut und Gereiztheit. Er ist jetzt nicht in der Stimmung zum reden.

Was ich allerdings jetzt als super Tipp herausgefunden habe, den ich gern mit euch teilen möchte ist folgendes.

Ich versuche meinem Kleinen dabei zu helfen, erstmal etwas runter zu kommen und sich etwas zu entspannen. Ich biete ihm was zu Essen an (Obst, Rohkost o.Ä.) und - ja, Asche auf mein Haupt - parke ihn wenn er Lust dazu hat vor einer Folge von einer Serie die er mag.
Im Moment fährt er total auf die, uns allen bekannte, Hexe im grünen Kleid ab, die auf einem Kartoffelgericht in Form eines Besens durch die Gegend fliegt. Ihr wisst schon.

Natürlich sollte es nichts super aufregendes mit viel Peng, Bumm, Pouw sein. Und natürlich muss es auch nicht der Fernseher sein!
Ganz nach dem Bedürfnis des Kindes und eben der Situation der Eltern kann das ganze natürlich auch ein Buch lesen, ein ruhiges Spiel, ein Spaziergang oder was auch immer sonst sein. Für uns funktioniert das mit der Serie gut, da ich in der Zeit in Ruhe kochen kann.
Hauptsache, das Kind bekommt seinen Raum um abzuschalten und in Ruhe zu verarbeiten. Natürlich heißt das nicht, die Gefühle die grad da sind sollen einfach übergangen werden. Wenn der kleine Mann darüber sprechen mag was ihn so bewegt und vor allem auch die Worte dafür hat, dann bevorzuge ich ehrlich gesagt eher ein Gespräch auf Augenhöhe als eine Ablenkung.

Spätestens nach einer halben Stunde ungefähr ist das nahende Gewitter bei uns dann auch meist vorbei gezogen und der normale Alltag mit Mittagessen und Nachmittagsprogramm kann weiter gehen.

Es ist sicher nicht immer einfach und vor allem auch nicht immer möglich, dem Kind diesen Raum zu gewähren, selbst die Nerven zu behalten und das ganze auszusitzen bis es überstanden ist. Aber, ich kann aus meiner eigenen Erfahrung mit unserem Minimenschen sagen, dass es funktioniert und das es viel, viel schöner ist einen ruhigen Nachmittag zu verbringen als sich von einem Nervenstrang zum anderen zu hangeln bis es endlich Schlafenszeit ist.

Wie ist das bei euch so nach dem Kindergarten? Ziehen bei euch auch regelmäßig heftige Gewitter auf oder sind eure Kinder nach dem KiGa total tiefenentspannt? Lasst uns doch mal in den Kommentaren darüber quatschen!

In diesem Sinne,




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